Reng: „Enke erlebte in Barcelona eine besonders schwere Zeit“

Am 10. November 2009, also auf den Tag genau vor einem Jahr nahm sich Robert Enke das Leben. Er wurde nur 32 Jahre alt. Da über ihn, sein Leben und seinen Tod hierzulande schon sehr viel berichtet worden ist, möchte ich in diesem Beitrag auf Enkes Zeit beim FC Barcelona (2002/2003) eingehen, eine Zeit, die für den damals 24-jährigen zu einem großen Trauma wurde und schließlich auch in die erste Depression mündete.

Robert Enke: Ein allzu kurzes Leben
Robert Enkes Biographie. Autor: Ronald Reng, 426 Seiten, 19.95 Euro

Der „untypische“ Fußballspieler

Robert Enke war kein typischer Fußballspieler. Besonders in seinen jungen Jahren war er stets von Selbstvorwürfen geplagt. So soll er, laut seinem Biographen Ronald Reng, „nach seinem ersten Fehler als Profitorwart mit 18 eine Woche nicht in die Schule gegangen sein.“

Enke wird von Reng als „warmherzig, sensibel und verletzlich“ beschrieben, Charaktereigenschaften, die man irgendwie nicht mit dem rauen Betrieb Profifußball in Verbindung bringt, wo vielmehr Souveränität, Stärke und ein „dickes Fell“ zielführender erscheinen.

Eigentlich sollte er zu Espanyol

Bevor Enke 2002 zum FC Barcelona wechselte, spielte er drei Saisons (1999-2002) für Benfica Lissabon in Portugal. Im Sommer 2002 wollten ihn – neben Barça – auch Alavés, Espanyol und der FC Porto. Im Mai 2002 flog Enkes Manager zu ersten Verhandlungen nach Barcelona. Eigentlich hätte der Manager mit Espanyol verhandeln sollen, schließlich hatte der Erzrival von Barça auch das Flugticket bezahlt, doch bei Espanyol ließ sich der Manager nie blicken. Nach einem Anruf vom FC Barcelona, ging er direkt zu den blauroten, was Espanyol-Präsident Sánchez Llibre mehr als verärgert haben soll.

Eine Pokalniederlage mit Folgen

Beim FC Barcelona schrieb Enke dann das dunkelste Kapitel seines Lebens. Ganze vier Einsätze hatte er bei den Katalanen. Aus dem Traum wurde schnell ein Trauma. Das erste dieser vier Spiele gilt zudem als Auslöser seiner ersten Depression. Barça spielte am 11. September 2002 in der Vorrunde der Copa Del Rey (nationaler Pokal) gegen den Drittligisten Novelda CF und verlor völlig überraschend mit 3-2.

Enke war voller Selbstzweifel in das Spiel gegangen, da er keine Unterstützung seitens des Trainerstabs erfuhr. Reng zufolge soll er sich vor dem Spiel ständig eingeredet haben, dass seine Mannschaft verlieren würde und dass ihn alle dafür verantwortlich machen würden. Und so kam es dann auch. Barça verlor 3-2 und Frank De Boer, der damalige Kapitän der Katalanen, stellte Enke öffentlich an den Pranger. Obwohl die meisten seiner Teamkollegen sich auf seine Seite stellten, war Enke am Boden zerstört.

Er spielte damals in einer fußballerisch sehr instabilen Barça-Mannschaft (kein Titel zwischen 2000 und 2003), von Coach Van Gaal wurde er angeschrien, niemand nahm sich wirklich für ihn Zeit und er fühlte sich somit allein gelassen. Mit Frank De Boer soll Enke, neben Van Gaal, die größten Probleme bei Barça gehabt haben. Der Holländer soll sich Enke gegenüber ziemlich unkollegial verhalten haben, was zu einer ständigen Spannung innerhalb der Mannschaft führte.

Enke vs. Valdés

Neben De Boer macht Enke ein weiterer Spieler besonders zu schaffen. Genauer gesagt war es ein Keeper und zwar der damals 20-jährige Victor Valdés. Zwischen Enke und Valdés herrschte eine große Rivalität. Enke war ja zunächst als Ersatztorhüter zum FC Barcelona gekommen, denn für Van Gaal war Bonano die unangefochtene Nummer eins. Van Gaal aber holte Valdés parallel aus der zweiten in die erste Mannschaft, wodurch Enke zum dritten Torwart degradiert wurde.

Nur vier Spiele für den FC Barcelona

So kam es dann auch, dass Enke in seiner Zeit beim FC Barcelona gerade einmal vier Spiele absolvierte. Neben dem Pokalspiel waren es zwei Champions League-Spiele und ein Liga-Spiel. Als der mittlerweile neue Trainer Radomir Antic den Deutschen für ein Champions League Spiel in seiner Heimat gegen Leverkusen noch nicht einmal nominierte, wurde Enke klar, dass man im Klub nicht mehr auf ihn zählte. Er verließ die spanische Liga daraufhin im Sommer 2003 und wechselte auf Leihbasis zu Fenerbahçe Istanbul in die Türkei, wo die Depressionen jedoch noch weiter zunahmen (mehr zu seiner Etappe bei Fenerbahçe in seiner Biographie).

Trotz seines Dreijahresvertrags hielt es Enke also nur eine Saison bei den Katalanen aus. Gemäß Reng soll Enke beim FC Barcelona bis auf Patrik Anderson kaum Freunde gehabt haben. Aufgrund seiner schlechten Erfahrungen ließ er sich nach seinem Weggang auch nie wieder in der Hauptstadt Kataloniens blicken. Erst mit seinem Wechsel zum damaligen Zweitligaklub CF Tenerife besserte sich sein Gemütszustand…

Quellen:

Mehr zu Robert Enke: